3dfx Special zum zweiten Todestag

Seite 5 - Weitere Informationen zum VSA-100

Ich habe im vorangehenden Part dieses Artikels bereits darauf hingewiesen, daß die 3dfx Voodoo4/5 Serien ebenfalls unter Verzögerungen zu leiden hatten, während sich nVidia auf den heute markanten 6-Monats Zyklus einzuschießen begann. Tatsache ist und bleibt, daß der VSA-100 Chip entworfen wurde, um der GeForce256 zu begegnen, und um die "Cinematischen Effekte" und "Photorealismus" einzuführen, wobei man hier eher von "Filmrealismus" sprechen sollte, wenn man sich zum Beispiel das von der Kameraaufnahmetechnik entlehnte Motion Blur ansieht. Warum sind Filme bei knapp 24fps flüssig? Kameras nehmen alle Szenen mit perfektioniertem Motion Blur auf, dies ist sogar praktisch ein physikalischer Nebeneffekt von Filmkameras, der durch den T-Buffer nachgestellt werden sollte. Auch Depth of Field Blur erinnert an Filmtechnik, wo oft auf ein bestimmtes Objekt fokussiert wird, und der Rest unscharf wirkt. Dies hätte sich vor allem für In-Game Demos geeignet, auch FSAA kann als ein cinematischer oder photorealistischer Effekt gesehen werden, oder hat schon einmal jemand in der Realität Pixeltreppen oder feine Kabel in der Luft entdeckt, die an manchen Stellen aufgrund zu niedriger Auflösung nicht korrekt verbunden sind? (Ich spreche hier von der Realität in nüchternem Zustand! ;)

Die Voodoo4 4500 und die Voodoo5 5500 waren demzufolge Grafikkarten mit nahezu revolutionärem Potential, wieso also mußte diese Architektur ins Gras beißen? Die Erklärung hierfür ist wieder einmal - aber nicht nur - im aggressiven Marketing von nVidia zu suchen, das einem besonderen Umstand zufolge alle Karten in der Hand hatte. Dieser Umstand war der Release der mit 4 Pixel Pipelines und 8 Textureinheiten ausgestatteten GeForce2 GTS (200/333MHz), der zu allem Unglück auch noch vor dem Release der Voodoo5 passierte, die nochmals wegen einem Bug in der AGP Anbindung zurückgerufen werden mußte. Als die Voodoo5 den Markt betrat, war also trotz des Werbeslogans "Fillrate is King!" bereits ein Hersteller da, der mehr Füllrate zu bieten hatte. (800MPixel / 1.6GTexel). Während sich die Voodoo5 5500 dennoch recht gut gegen die GF2 GTS behaupten konnte, öffnete nVidia schließlich den Speicher-Flaschenhals der GeForce2 GTS und präsentierte die GeForce2 Pro (200/400MHz) und die extrem leistungsfähige und zugleich extrem teure GeForce2 Ultra (250/460MHz), die sogar 1GPixel und 2GTexel theoretischer Füllrate bot.

So kam man bei 3dfx in Bedrängnis, und auch der Release des unmittelbaren VSA-100 Nachfolgers VSA-101 geriet stark ins Wanken. Dieser Chip mit Codenamen "Daytona" stellte im Prinzip einen gewöhnlichen VSA-100 dar, nur daß der neue Vertreter der Voodoo Linie in 0.18µm statt 0.25µm gefertigt wurde und DDR Speicher unterstützen sollte. Tatsächlich schafften es sogar einige VSA-101 ins Retail Segment, allerdings nur als gewöhnliche Voodoo5 5500 Karten. Overclocking wird hierbei durch den 6ns SDRAM Speicher blockiert, sodaß deren Potential nicht mehr voll auszuschöpfen ist. Allerdings laufen Daytona Karten dank reduzierter Spannung mit wesentlich geringerem Stromverbrauch und minimierter Wärmeproduktion.

<Bild #1, große Version verloren, Bild #2 verloren>

Eine mit VSA-101 bestückte Voodoo5 5500 kann man sogar passiv kühlen, wenn man die Kühlkörper ein wenig größer dimensioniert. Sollte man noch eine Voodoo5 5500 besitzen, so kann man sehr einfach prüfen, ob es sich dabei um eine "Daytona" handelt. Die 3dfx Tools zeigen dies in Verbindung mit den originalen 3dfx Treibern ordnungsgemäß an. Hier sehen wir, daß uns die Tools mit dem String "VSA-101" überraschen. Das Glück, ein solches Sammlerstück zu besitzen dürften aber wohl eher wenige Anhänger von 3dfx Grafikkarten haben.

Nachtrag 26.07.2007: Es ist mittlerweile bekannt, daß keine 0.18µm VSA-101 auf gängigen Voodoo5 5500 Platinen zu finden sind, da der VSA-100 und der VSA-101 nicht pinkompatibel sind. Hierbei handelt es sich also um einen Hoax. VSA-101 sind ausschließlich auf Single-Chip Prototypen mit SDR-SDRAM oder auch DDR-SDRAM zu finden, ggf. auch mit SGRAM-Varianten.

Selbst oben genannte Gründe waren aber noch nicht der Abschluß der Erklärung, warum die Voodoo5 mehr oder weniger scheiterte. Daß der ohnehin schon vergraulte OEM Markt keine Voodoo5 5500 mit eigenem Stromanschluß und ohne T&L verbauen würde war klar, die Voodoo4 4500 war einfach zu schwach für diesen Zweck, und bot ebenfalls keinen T&L Support und keinen werbewirksamen DDR Speicher. Zudem hatte 3dfx auf ein beispiellos innovatives Featureset geachtet, ohne daß dies auch nur in einer einzigen DirectX Spezifikation aufzufinden gewesen wäre. So blieb der T-Buffer größtenteils OpenGL Mini Client Treibern und der langsam sterbenden Glide API überlassen, lediglich das überlegene FSAA konnte zu vollem Einsatz gebracht werden, was viele Qualitätsfans zur Voodoo5 greifen ließ. Auch die leistungsfähige FXT1 Texturkompression, die selbst heute noch die beste Qualität und die kleinsten Texturen liefern könnte blieb fast komplett unbeachtet, offenbar lag dies an zu geringer oder fehlender Kooperation mit Microsoft, eine Implementation in DXTC hätte hier weiterhelfen können. Obwohl FXT1 als Open-Source Konzept gedacht ist nahmen nur wenige Notiz von der Technologie, ein lobenswertes Spiel ist hier zum Beispiel das enorm konfigurierfreudige Serious Sam (II), welches offiziellen Support für FXT1 bietet. Auch späte Glide-Umsetzungen wie Descent³ oder das enorm beliebte Diablo2 können 3dfx leider nicht mehr retten. 

Das immer noch einzige Leiterplattenwerk von 3dfx, daß in Mexico steht, konnte die Produktionsquoten nicht erfüllen, weswegen es wieder einmal zu Lieferengpässen kam. Auch das kaum genutzte Produkt "VoodooTV FM", eine TV Karte rettete kaum etwas. Die ganze Situation konnte nur mehr als katastrophal bezeichnet werden. Man hatte zwar die Technologie in Händen, konnte sie aber nicht zum Einsatz bringen. In einem Anfall von Entwicklungswahn kaufte man dann noch die Firma GigaPixel um $186 Millionen auf, um deren Deferred Rendering Mechanismus nutzen zu können, eine Technologie die sonst nur die PowerVR Serien aufzuweisen haben, eine Technologie, die dank leistungsfähigem Hidden Surface Removal enorm viel Bandbreite spart. Hierbei wird das Entfernen verdeckter Flächen vor dem eigentlichen Zeichenvorgang des Bildes in der Renderpipeline vorgezogen, um so viel unnötiges Rendering (Overdraw) wie möglich auszuschließen. So konnte auch eine Kyro II (350 MTexel) teilweise eine GeForce2 GTS (800 MTexel) in Sachen Performance schlagen. Doch für eine Implementation in eine VSA-10x Serie war es natürlich viel zu spät, selbst der Nachfolger "Rampage" hätte diese Technik noch nicht nutzen können. Doch bevor ich auf die verfallenen Zukunftsaussichten von 3dfx eingehe, gibt es noch ein 3dfx Produkt, das mehr als einen flüchtigen Blick wert ist.

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